Es geht eine Runde weiter, beim 20. Versuch in der Geschichte Münsters, dem Hindenburgplatz einen neuen Namen zu geben.
Zur von der Stadt binnen nur drei Wochen durchgeführten “Befragung” der Bürger zur Sache Straßenumbenennungen, wurden heute Ergebnisse vorgelegt.
Analyse der Umfragefarce
Bei der, unserer Meinung nach, pseudorepräsentativen Befragung bekamen 5126 Münsteraner Bürger den wegen seiner suggestiven Fragestellung stark kritisierten Befragungsbogen von der Stadt.
1937 kamen zurück. Insofern eine im Kontext interessante Zahl, da 1937 das Hindenburg-Unglück stattfand.
Grundtenor der Befragungsergebnisse
- 936 Bürger stimmten in dieser freiwilligen Befragung gegen eine weitere Verwendung des Namens Hindenburgplatz, sofern dies als eine Ehrung Paul von Hindenburgs gilt und er als Unterstützer des NS-Regimes betrachtet wird.
- 668 Bürger waren für eine weitere Verwendung des Namens für Europas zweitgrösster innerstädtischer Freifläche, werten die Namensnennung aber gleichzeitig als Ehrung Paul von Hindenburgs und stufen ihn ebenfalls automatisch als Naziregime-Unterstützer ein.
- Der Rest enthielt sich, hat keine eigene Meinung oder erklärte Desinteresse zum Thema.
Unverständnis
Die Farce war nicht nur die Fangfragestellung, sondern auch die Bewertung als repräsentatives Umfrageergebnis.
Zahlreiche Münsteraner sind nicht erfreut, dass 0,38 % der ~297.000 Einwohner Münsters von der Stadt zu einer Mehrheit aller Bürger gemacht wurde.
Viele Umfragen der letzten Monate und Jahre zeigten bislang immer dasselbe Bild.
Bei der Frage “Pro oder Kontra Umbenennung des Hindenburgplatzes” war stets eine weit überragende Mehrheit für den Erhalt des Namens.
Als Gründe wurde oft Unverständnis über einen Namenswechsel, 85 Jahre nach Namensgebung, angeführt.
Vielmals sieht man es heute auch nicht mehr als Ehrung an, einen Platz oder eine Strasse nach einer Person zu benennen.
Bei leeren Stadtkassen könne und solle sich die Stadt eine Änderung des Namens auch gar nicht leisten, so viele Bürger.
Die Prioritäten müssten da anders gesetzt werden und nicht für neue Straßenschilder und Stadtpläne verschleudert werden.
Auf einem Teil der Kosten bleiben die Bürger und anliegende Firmen sitzen. Für Änderung von Konten, Verträgen, Briefköpfen und Beschilderungen. Das gleiche gilt für weitere Strassen die zur Umbenennung vorgeschlagen sind.
So hat Münster4Life in einer aktuellen, grossen Umfrage auf Facebook rund 9,5% seiner 14000 Fans bewegen können bei einer freiwilligen Abstimmung mitzumachen.
84 % waren auch hier der Meinung, dass es beim Namen Hindenburgplatz bleiben soll. Ein weit deutlicheres Ergebnis als dass der Stadt und mit einem anderen Ergebnis.
Der große Unterschied der Ergebnisse von den Medienumfragen zur städtischen Befragung zeigt hier deutlich, dass auch unter Berücksichtigung der Sozialstruktur kein Konsens zur breiten Masse und insbesondere der jüngeren Generation, die ja massgeblich an der Zukunft Münsters beteiligt ist, hergestellt werden kann.
Entscheidung durch den Rat allein
Dennoch entscheidet der Stadtrat am 21. März 2012 in einer Ratssitzung über die Zukunft des Platzes. Und zwar alleinig.
Aller Wahrscheinlichkeit nach wird der Rat für eine Umbenennung stimmen.
Die Mehrheit der Ratsparteien hat sich bereits für eine Umbenennung ausgesprochen, ausserdem gibt es für den Rat keine Bindung an die Ergebnisse der städtischen Befragung.
Ohnehin stand die Entscheidung für eine Umbenennung schon länger fest.
Oberbürgermeister Lewe setzte bereits 2010 eine Kommission ein, die schnell eine Umbenennung empfahl.
Nun soll sie endlich umgesetzt werden und mit dabei weitere Straßen, deren Namensgeber im Laufe der Zeit ins Schussfeld der Historiker gerieten.
Historiker nicht einig
Großes Pro und Kontra in der Bevölkerung. Dabei bedeutet ein “Kontra Umbenennung” nicht zwangsläufig eine Befürwortung eines ehemaligen Naziunterstützers und Antidemokraten. Ganz im Gegenteil.
Derzeit zeigt Münster imposant seine Antihaltung gegenüber Rechtem Gedankengut und
hat den Großteil der Bürger im Protest gegen die Rechte Demonstration am 3.3.2012, hinter sich.
Oftmals möchte man in der Bevölkerung einfach nicht den bequemen Weg gehen einen Teil der Geschichte und Verantwortung Münsters auszublenden um so modern und mit weißer Weste dazustehen.
Der Name Hindenburg allerdings gehört unwiederbringlich zur Vergangenheit Münsters.
In der Innenstadt weisen Stolpersteine auf die Geschichte der Stadt in der Nazizeit und der Verantwortung daraus, hin. Der Hindenburgplatz gehört eben aufgrund seiner Namensgebung auch ohne Stolperstein dazu und es brauch diesen Ort um darauf hinzuweisen.
Dies ist allerdinge schwer, wenn man dem ganzen einen neuen Deckanstrich gibt.
In der heutigen Zeit ist man zudem nicht mehr gewillt Namensgebungen als Ehrerbietung anzuerkennen, wie auch in der heutigen Podiumsdiskussion zum Thema verlautete.
There was a problem connecting to Twitter.
Das würde in der Zukunft auch immer schwerer, ob der Zahl der Verfehlungen von Personen im politischen und öffentlichen Leben, seien es Bundespräsidenten, Minister oder Bürgermeister. Und so las man diesen Zweifel heute auch in den sozialen Netzwerken:
There was a problem connecting to Twitter.
Selbst unter Fachleuten ist man sich nicht einig.
In einem Streitgespräch der WN zum Thema, sprachen sich Prof. Dr. Wolfgang Jacobmeyer und Prof. Dr. Alfons Kenkmann aus und kamen auf keinen gemeinsamen Nenner.
Das Podium der heutigen Diskussion warf den Vorschlag auf, Plätze und Strassen in Zukunft nicht mehr nach Personen zu benennen.
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Doch wonach dann benennen? Nach Blumen? Farben?
Oder etwa nach Orten?
Doch auch hier kann die falsche Wahl schnell einen großen Schatten voraus werfen.
Haben wir in Münster doch die Straße “Adlerhorst“.
Und da gab es doch seinerzeit einmal ein Führerhauptquartier mit Namen ….
Und täglich grüsst das Murmeltier.